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Hydrotherapie für den Hund

Rehabilitation, Muskelaufbau oder Bewegungstraining für Hundesenioren, Hydrotherapie als Ergänzung zur Physiotherapie oder medizinischen Maßnahmen, wird immer beliebter. Allerdings gibt es dabei einiges zu beachten: neben den Voraussetzungen des Therapeuten, ist dieser Heilansatz längst nicht für jeden Vierbeiner geeignet.

Zu Besuch mit Benni bei Gangwerk in Düsseldorf. Dort arbeitet Therapeutin Anna Schwarz mit dem Oldie im Pool. - Foto: R. Zimmer

Münsterländer Benni kommt so langsam ins Seniorenalter. Die Gelenke wollen nicht mehr ganz so, wie er. Immer schon ein begeisterter Schwimmer, bietet sich die Hydrotherapie – die Behandlung mit Wasser (altgriech. = hýdor), variierend in Temperatur und Druck – als eine Möglichkeit an, seine Beweglichkeit zu fördern und möglichst lange zu erhalten. Dabei wird die Auftriebskraft des Wassers genutzt, die das Eigengewicht des Körpers bis 90 Prozent verringert. Diese positive Eigenschaft des nassen Elements ermöglicht einen schonenden Muskelaufbau und eine weitgehend schmerzfreie Bewegung degenerativer Gelenke. 

Das therapeutische Schwimmen im Pool ist nur nach einem gründlichen Check up zu empfehlen. - Foto: R. Zimmer

Vor der ersten Runde im Pool oder dem Unterwasserlaufband steht allerdings ein gründlicher Check-up für Benni. Insbesondere Herz und Lunge dürfen nicht geschwächt sein. Schwimmen ist anstrengend. Wer selbst schon einmal nach längerer aktiver Pause eine halbe Stunde lang Bahnen im örtlichen Bad geschwommen hat oder in kneippscher Manier Wassertreten war, erinnert sich sicher noch daran, wie ausgepowert er danach aus dem Becken gestiegen ist. Sind Herz und Lunge in Ordnung, liegen keine offenen Wunden vor oder chronische Endzündungen der Ohren (hier vor allem bei Rassen mit Schlappohren), lohnt sich ein Besuch bei Physiotherapeuten, die Anwendungen im Wasser anbieten.

Therapeutisches Schwimmen im Pool

Die Entscheidung, ob das therapeutische Schwimmen im Pool stattfinden kann, oder für die Hydrotherapie das Unterwasserband besser geeignet ist, hängt nicht zuletzt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Nicht jeder Physiotherapeut verfügt über den notwendigen Platz und – sind wir ehrlich – auch die finanziellen Mittel, einen Pool zu betreiben. So muss das Becken mindestens 2 x 3 Meter groß sein, um ausreichend Platz für effektives Arbeiten zu bieten. Liegen die Maße hingegen über 5 x 6 Metern, wird es schwierig, den Hund im Wasser zu kontrollieren, vor allem, wenn es sich um kleine Exemplare handelt. Die Filteranlage darf sich nicht im gleichen Raum befinden und er muss gut zu belüften sein, um Schimmelbildung durch Feuchtigkeit zu vermeiden. Die Wassertiefe sollte zwischen 130 und 150 cm liegen, um auch mit großen Rassen arbeiten zu können. Rutschfester Untergrund ist ebenso ein Muss, wie eine Auswahl von Schwimmwesten in unterschiedlichen Größen. Für Benni stimmen alle Voraussetzungen und so steht seiner Therapie nichts mehr im Wege.

Unterwasserlaufband

Die Therapie mit einem Unterwasserlaufband bietet die Möglichkeit gezielter Einwirkung (abhängig von den Einstellungsmöglichkeiten des Geräts), da die Höhe des Wasserstandes variiert werden kann. Damit verändert sich nicht nur der Widerstand, gegen den der Hund anlaufen muss, sondern auch das Gewicht, das auf Knochen und Muskulatur einwirkt. Reicht das Wasser beispielsweise nur bis zum Sprunggelenk, bedeutet dies eine Gelenkbelastung von 90 Prozent unter Wasser. Reicht es hingegen bis zum Ellenbogengelenk, verringert sie sich bereits auf 80 Prozent, bei Hüfthöhe auf rund 40 Prozent und reicht es bis zum Hals, sind es nur noch 30 Prozent. Je größer der Widerstand, desto effektiver der Trainingseffekt, beispielsweise zur Reduzierung des Körperfetts bei Übergewicht und zur langsamen Steigerung der Kondition. Zudem wird die tiefe Rumpfmuskulatur durch das langsame Laufen oder Traben auf dem Band gekräftigt. Während die meisten Hunde leicht zu motivieren sind, in einem Pool zu schwimmen, braucht es für die Arbeit mit dem Unterwasserlaufband eine Eingewöhnungsphase. Je mehr Zeit sich Therapeut und Hundehalter dafür nehmen, desto entspannter und weniger angsteinflößend für den Vierbeiner.

Hydrotherapie als Reha-Maßnahme

In der Veterinärmedizin wird die aktive Bewegung als Rehabilitationsmaßnahme inzwischen nach Operationen und Sportverletzungen so bald wie möglich angestrebt. Die Hydrotherapie bietet dafür einen muskel- und gelenkschonenden Ansatz mit einem großen Maß an Effektivität. Denn durch die Auftriebskraft des Wassers wird der Muskelaufbau ohne eine zu große Gewichtsbelastung gefördert. So können Hunde, die (noch) nicht stehfähig sind, im Wasser bereits erste Stehversuche machen und die dazu notwenige Muskulatur langsam wieder aufbauen. Zur Unterstützung des Auftriebs und um ein Abtauchen bei schwindenden Kräften zu vermeiden, bekommen die Tiere eine Schwimmweste. Diese ermöglicht es außerdem dem Therapeuten, jederzeit korrigierend und stabilisierend einzugreifen, insbesondere bei Anwendungen im Pool.

Regelmäßiges Schwimmen fördert die Beweglichkeit. Es stärkt Muskulatur, Herz und Kreislauf. - Foto: R. Zimmer

Durch das Schwimmen, hat der Hund einen größeren Bewegungsradius als im Unterwasserlaufband. Der hydrostatische Wasserdruck trainiert nicht nur Herz- und Kreislauf, es massiert alle Bereiche des Hundekörpers und kräftigt die gesamte Muskulatur. Ältere Semester wie Benni, bleiben länger beweglich, wenn sie im Becken motiviert werden ihren Körper durch Richtungswechsel zu biegen.

Check-up, Warm-up und Cool-down

Es gibt Vierbeiner, die wie für das nasse Element gemacht sind und begeistert jede Gelegenheit nutzen sich ins Wasser zu stürzen. Retriever und Labradore gehören beispielsweise dazu und viele Rassen, mit vergleichbaren körperlichen Voraussetzungen. Plattnasen, wie Möpse, Bulldoggen oder Boxer und kurzbeinige Rassen wie Basset und Corgi haben es nicht ganz so leicht. Doch können auch sie in den Genuss des therapeutischen Schwimmens mit Hilfe einer Schwimmweste und etwas Unterstützung durch den Therapeuten kommen.

Neben einer ausführlichen Anamnese zur Erstellung des Therapieplans (u. a. mit einer Gangbildanalyse und Erfassung der Vitalwerte), gehört vor jeder Schwimmstunde ein Check-up unbedingt dazu, bei dem Augen, Ohren, Mundschleimhaut, Puls, Atmung und Temperatur kontrolliert werden.

Wie beim Sport, gehört die Aufwärm- und Abkühlphase unbedingt zu einer Therapie im Wasser dazu. - Foto: R. Zimmer

Ebenso wichtig sind die Aufwärm- und Abkühlphase. Für sport- und fitnessbegeisterte Zweibeiner sind sie selbstverständlich, um Verletzungen und einer Überlastung vorzubeugen, in der Physiotherapie werden sie oft unverständlicherweise leider vernachlässigt.  Vor dem Schwimmen kann die Muskulatur des Hundes mit lockeren Laufbewegungen, sanften Dehnungen und Massagen aufgewärmt werden. Dabei ist zu beachten, dass Hunde die Energie nicht so lange speichern können wie der Mensch. Deshalb muss das Warm-up unmittelbar vor dem Schwimmen durchgeführt werden. Im Anschluss an die Anstrengung ist ein Cool-down mit langsamem Gehen und abschließender Ruhephase ebenso wichtig, um Herz- und Atemfrequenz, Körpertemperatur, Nervensystem und Muskulatur wieder auf ein normales Niveau zu bringen.       

Wärme und Kälte

Zur Hydrotherapie zählen auch Wärme- und Kälteanwendungen. Bei thermischen Anwendungen können gezielt Wärme- oder Kältereize gesetzt werden. So wirkt die so genannte Krypotherapie mit kalten Wickeln beispielsweise entzündungshemmend und schmerzlindernd. Zur Förderung der Durchblutung, Anregung des Stoffwechsels und Dehnung des Bindegewebes eignet sich hingegen die so genannte heiße Rolle mit einem Handtuch. Bei Anwendungen im Wasser muss die Wirkung der Temperatur auch immer mit berücksichtigt werden. Ist sie zu hoch, werden Herz- und Kreislauf zu sehr beansprucht. Ideal für therapeutisches Schwimmen sind 29 bis 32°C.  Kälteanwendungen empfehlen sich beispielsweise bei akuten Entzündungen in den Gelenken und akuten Arthrosen, allerdings nicht bei chronischen Entzündungen und selbstredend auch nicht bei offenen Wunden. Hat der Hund Herz-Kreislauf-Beschwerden, ist davon ebenso abzusehen, da Kälte die Herzfrequenz steigert. Hunde mit Blasen- oder Nierenentzündungen, sollten auch nicht ins Wasser. 

Unterschiede im Service

Wie bei allen Heilangeboten, trennt sich auch bei der Hydrotherapie die Spreu vom Weizen. Fällt die Anamnese zu kurz aus und wird trotz einer Kontraindikation therapiert, ist Vorsicht geboten. Je detaillierter der Therapeut die jeweiligen Maßnahmen erläutert, desto besser.  

Gute Therapeuten, wie hier Ursula Löckenhoff, nehmen sich Zeit und beantworten gern alle Fragen, die ein Hundehalter hat. - Foto: C. Hötzendorfer

Neben der Hygiene, die eigentlich selbstverständliche Voraussetzung für alle Therapien mit Wasser sein sollte, gibt es zudem erhebliche Unterschiede im Bereich des Service drumherum. Warm-up- und Cool-down-Phasen gehören ebenso unbedingt dazu. Für beides sollten Therapeut und Kunde entsprechend Zeit einplanen. Natürlich müssen auch die Tierbesitzer selbst dafür Sorge tragen, dass ihre Vierbeiner nicht klatschnass nachhause fahren, beispielsweise mit speziellen Bademänteln, für Patienten, die besonders lange brauchen, bis ihr Fell getrocknet ist. Trotzdem kann von einer guten Tierphysiopraxis erwartet werden, dass nicht nur ausreichend Handtücher vorhanden sind, sondern auch ein Bereich, in dem Hunde nach der Anwendung zum Beispiel unter einer Rotlichtlampe entspannt wieder trocken werden können, ohne dass der nächste Klient schon unruhig mit den Pfoten scharrt.

Claudia Hötzendorfer

Kontraindikationen

  • Herz- und Lungenerkrankungen
  • Blasen- und Nierenentzündung
  • Chronische Entzündungen
  • Offene Wunden
  • Durchblutungsstörungen
  • Haut- und Nagelpilz
  • Infektionskrankheiten
  • Bösartige Tumore

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